Ein Zug für Chemins de fer du Käserberg
- Adrian Moser

- 9. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Seit einem halben Jahr habe ich intensiv an einem 22-teiligen Güterzug gearbeitet – für die Ausstellungsräume des frisch renovierten Modellbahn‑Museums Chemins de fer du Käserberg.

Einzug ins neue Zuhause
Der fertig patinierte Zug steht nun in einer eigens eingerichteten Vitrine im Käserberg.
Vorbild war ein Güterzug zwischen Muttenz und Biel, der in den späten 1980er- oder frühen 1990er-Jahren verkehrte.
Damals wurden die ursprünglich für den Gotthard entwickelten Re 6/6 zunehmend auch im Flachland eingesetzt. Ihre hohe Leistung und Zuverlässigkeit machten sie ideal für schwere Güterzüge auf Hauptachsen wie der Verbindung zwischen dem Rangierbahnhof Muttenz bei Basel und dem Rangierbahnhof Biel, einem wichtigen regionalen Güterumschlagpunkt im Seeland.
Der dargestellte Zug ist ein typischer Wagenladungszug jener Zeit, zusammengesetzt aus Einzelwagen mit unterschiedlichen Zielorten. Solche Züge waren in ihrer Zusammensetzung äußerst vielfältig und entsprachen der Struktur des regionalen Güterverkehrs: geprägt von den Bedürfnissen lokaler Industriebetriebe, flexibel und wenig standardisiert. Die Ladungen in diesem Zug reichen von Landmaschinen über Kerosin und Ethanol bis hin zu Holz und Industriegütern.

Ein besonderes Merkmal dieser Epoche ist die bunte Farbgebung der Güterwagen, die das einheitliche Braun früherer Jahrzehnte zunehmend ablöste. Die zitronengelben Ucs-Silowagen dienten dem Transport von feinkörnigen Stoffen wie Kalk oder Zement, während die offenen Eaos-Wagen in auffälligem Rosa (eine exotische, aber tatsächlich verwendete Farbvariante) unterwegs waren – meist für den Transport von Rundholz oder grobem Ladegut.
Diese Farbvielfalt trug zur besseren Sichtbarkeit und Identifikation der Wagen bei und war Ausdruck eines funktionalen, aber auch gestalterischen Wandels im SBB-Güterverkehr.

An der Spitze des Zuges steht eine Re 6/6 in klassischem Tannengrün, wie sie im Schweizer Bahnalltag dieser Jahre noch häufig zu sehen war – kraftvoll, effizient und längst über ihre angestammte Bergstrecke hinaus im ganzen Land im Einsatz.
In dieser Zeit begannen auch Graffiti vermehrt auf Schweizer Güterwagen zu erscheinen. Inspiriert durch den 1983 veröffentlichten Film Wild Style, der als einer der ersten Filme die Hip-Hop-Kultur und insbesondere das Graffiti dokumentierte, fand die Bewegung ihren Weg von den Straßen New Yorks auf die Waggons der SBB. Die auf diesem Zug sichtbaren drei Graffiti – stilistisch noch einfache Pieces und Throw-Ups – zeugen von den Anfängen dieser Kunstform in der Schweiz und spiegeln die kulturellen Einflüsse jener Zeit wider.

Bei der Patinierung habe ich besonderen Wert auf realistische Alterung gelegt: Betriebsverschmutzungen, Staubschichten, Flugrost, leicht verwitterte Beschriftungen und verblasste Farbpartien wurden sorgfältig nach Vorbildfotos ausgeführt. Jeder Wagen wurde einzeln behandelt, aber stets als Teil des Zugverbandes gedacht – das Resultat ist ein harmonisches, in sich stimmiges Ensemble.
Ziel war nicht eine dramatische Inszenierung, sondern eine technisch fundierte, dokumentierte Patinierung, die den gelebten Alltag auf Schweizer Gleisen widerspiegelt. Der Güterzug erzählt so von Transport und Technik, aber auch von Materialalterung, Nutzungsspuren und Zeit.
Ich freue mich sehr, dass meine Modelle an so einem prominenten Ort ihren Platz finden durften.

Der Käserberg: Technik trifft Leidenschaft
Die Chemins de fer du Käserberg in Granges‑Paccot (Kanton Freiburg) zählen zu den grössten und faszinierendsten Modelleisenbahnanlagen der Schweiz. Über drei Ebenen verteilen sich 2 045 m Gleise, auf denen 120 Züge mit 1 560 Wagen verkehren – begleitet von 6 500 Miniaturfiguren. Seit Herbst 2018 sorgen Tag‑und‑Nacht‑Zyklen im Halbstundentakt für stimmungsvolle Details. Ende 2024 wurde das Museum umfassend renoviert: neue Besucherführung, interaktive Stationen, Info-Displays und ein moderner Vitrinenbereich. Die Wiedereröffnung erfolgte im Frühjahr 2025.
Das Museum ist an Publikumstagen von 9:30 bis 17:00 Uhr geöffnet. Besuche finden stündlich im Halbstundentakt zwischen 10:00 und 15:30 Uhr statt. Die Aufenthaltsdauer beträgt im Durchschnitt rund 1,5 Stunden, das Gelände bleibt bis 17:00 Uhr zugänglich.
Eintrittspreise für öffentliche Besuchstage:
Kinder unter 7 Jahre: frei
Jugendliche 7–15 Jahre: CHF 10
Erwachsene ab 16 Jahre: CHF 18
Gruppen ab 20 Erwachsenen: CHF 15 pro Person



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